Ortsverein lehnt TTIP in der jetzigen Fassung ab

16. Oktober 2015

Zusammenfassung der Diskussion im Vorstand des Ortsvereins am 29.9.2015 (von Dieter Breyer)

Die SPD Herzogenaurach hat in diesem Jahr zweimal das geplante internationale Handelsabkommen TTIP in öffentlichen Veranstaltungen behandelt, beim zweiten Mal als Mitveranstalter u. a. zusammen mit der Kath. Kirche, den Grünen und dem Bauernverband. Die Meinung, die sich da herausbildete, fasste jetzt der Vorstand nach mochmaliger Diskussion zusammen.

Niemand hat etwas dagegen, wenn Zölle abgebaut, Industrienormen und Sicherheitsstandards auf verbessertem Niveau einander angepasst werden. Jedoch der Eingriff in alle Lebensbereiche ist nicht hinnehmbar, da in beiden Wirtschaftsräumen unterschiedliche, miteinander nicht vereinbare Normen und Prinzipien gelten und die Großkonzerne nach allen bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnissen vor allem ihre Interessen durchgedrückt haben.
So schaffe der Zwang, nur zertifiziertes Saatgut zu verwenden, eine Monopolstellung für Konzerne wie Monsanto oder Du Pont. Im Verbraucherschutz gibt es bei Lebensmitteln, Medikamenten und Kosmetika bis heute unausräumbare Streitpunkte. Die Einstellung zu Kultur und Bildung ist in den USA eine ganz andere. Während dort das dem freien Markt überlassen wird, kennen wir z.B. die staatliche Förderung des Kulturbetriebs beim Film und Theater, den Schutz des geistigen Eigentums, Urheberrechte oder Buchpreisbindung. Schwerwiegend ist die Ablehnung der Amerikaner, der internationalen Arbeitnehmerorganisation beizutreten, so dass der Bestand von Rechten wie Mitbestimmung und Betriebsrat gefährdet sind. Bei der öffentlichen Daseinsvorsorge soll immer der höhere Liberalisierungsgrad gelten, d.h., wenn Müll, Krankenhäuser, Wasser oder Abwasser einmal privatisiert sind, ist eine Rückführung in städtische Regie nicht mehr möglich.
Die Regierungsvertreter versichern zwar immer wieder, dass Schutzstandards eingehalten werden, aber in einem Schreiben des Bundeskanzleramtes wird eingeräumt, dass im Rahmen des TTIP diese durch konkrete Vereinbarungen eingeschränkt werden können.

Neben diesen Problemfeldern ist der sogenannte Regulierungsrat ein Schlag gegen unser Demokratieverständnis. Damit würde eine neue transatlantische Behörde geschaffen, in der etwa zu je einem Drittel die USA, die EU Kommission und die Lobbyisten der Wirtschaft vertreten wären. Im Vorfeld von Gesetzesvorhaben und ihrer Ausarbeitung stehen somit den Konzernen alle Türen offen, ohne dass das europäische Parlament, Verbraucher oder Arbeitnehmer mitreden konnten. In der Öffentlichkeit stieß der Investorenschutz ISDS, wonach Investoren bei staatlich veränderten Rahmenbedingungen auf entgangenen Gewinn klagen konnten, auf die meiste Kritik. Mittlerweile gibt es zwar einen Vorschlag seitens der EU, die privaten Schiedsgerichte durch ein Handelsgericht sowie eine Berufungsinstanz zu ersetzen und Änderungen von Gesetzen als Klagegrund auszuschließen, aber weder die USA haben dem zugestimmt noch wurde der CETA Vertrag mit Kanada geändert. Aus diesen Gründen lehnt der Ortsverein Herzogenaurach das transatlantische Handelsabkommen in der bislang gültigen Form ab, auch wenn er damit die offizielle Parteimeinung nicht mitträgt. Es geht um die reale Gefahr, dass gesellschaftspolitische Errungenschaften ausgehöhlt und Umwelt-, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerstandards zurückgedrängt werden. Gesetzgeberisch wären wir nicht mehr Herr im eigenen Haus.

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