Europa ist das größte Zivilisationsprojekt des 20. Jahrhunderts. Seine Idee ist verbunden mit der Idee der Aufklärung und der Emanzipation. Europa hatte und hat das Ziel, das friedliche und demokratische Miteinander der Menschen auf unserem Kontinent zu sichern, indem es auf den Ideen von Freiheit, Gleichheit und Solidarität aufbaut. Doch diese Idee drohe unkenntlich zu werden. Deshalb muss sich etwas ändern in Europa! Europa ist eigentlich ein Patient und das europäische Projekt verliert an Vertrauen. Immer mehr Menschen zweifeln an seinem Wert und Nutzen und an den europäischen politischen Institutionen.
Die ASF-Vorsitzende Ursula Walther konnte bei der gut besuchten Veranstaltung die Abgeordneten Martina Stamm-Fibich und Alexandra Hiersemann ebenso begrüßen wie Bürgermeister German Hacker sowie zahlreiche SPD Mitglieder. Die SPD-Ortsvorsitzende Renate Schroff und die Bundestagsabgeordnete Martina Stamm-Fibich zeigten sich besorgt um den Erhalt des Friedens und der Humanität in Europa. Die Europaabgeordnete Maria Noichl erklärte die Probleme um das komplizierte Konstrukt der Europäischen Union, was nicht nur in Deutschland mit Sorge beobachtet wird. Die Verantwortung für eine tragfähige Zukunft Europas liege nicht nur in Brüssel, sondern auch bei den Mitgliedsstaaten, die sich zunehmender egoistischer verhielten. So werde der schwarze Peter für die Unbeliebtheit der nationalen Politik nach Brüssel geschoben. Dies gelte auch für Deutschland, das bei Umsetzung von EU-Richtlinien oft über das Ziel hinausschießt und am Ende Brüssel als bürokratisches Monster darstelle. Dennoch seien die Akzeptanzprobleme auch in Brüssel selbst zu suchen. Die Arbeit der europäischen Institutionen müsse dringend reformiert werden. So müsse das europäische Parlament in seinen Befugnissen gestärkt und die Arbeit der Kommission transparenter werden.
Denn viele Menschen der krisengeschüttelten und globalisierten Welt, wünschen sich überschaubare Strukturen, was auch die zunehmend nationalen Abspaltungstendenzen zeigen. „Dieser Prozess habe aber schon weit vor der Flüchtlingskrise begonnen“, erklärte die EU-Abgeordnete. So sei der Brexit die Spitze des Eisbergs und dürfe keine Nachahmer mehr finden, dass würde zu gravierenden negativen Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft führen. „Die Zeit der Extrawürste für die Briten muss vorbei sein“, unterstrich sie ihre Forderung nach einer harten Haltung der EU bei den Austrittsverhandlungen. Auch war der Gedanke zur Abspaltung Briten nicht neu, auch die Schotten und Katalanen beschäftigten sich damit. Der Brexit war dann der Höhepunkt, der Hintergedanke ist, die Solidarität aufkündigen, an sich denken und die weniger privilegierten abstoßen damit es dem eigenen Land wieder besser geht.
Denn neben der wirtschaftlichen Situation sei vor allem wichtig, die Europäische Union als Wertegemeinschaft zu erhalten. Freiheit und Rechtsstaatlichkeit dürften in Europa nie mehr zur Disposition gestellt werden, weshalb gegen Entwicklungen in Polen und Ungarn entschieden vorgegangen werden müsse. Sorgen macht sich Maria Noichl um die Rechtspopulisten und Nationalisten sowie rechtsradikalen Parteien im Parlament, denn sie wollen die EU vernichten. Wie überhaupt der Einfluss der rechtsradikalen Parteien bei den Regierungen Anlass zu Sorgen gibt, denn dadurch werden die Menschen zunehmend mehr und mehr verunsichert.
Es sei deshalb eine Aufgabe der etablierten Parteien, gemeinsam dagegen vorzugehen. „Es ist meine feste Überzeugung, dass es sich lohnt dafür zu arbeiten und zu kämpfen!“, erklärte Noichl. Gefragt sind wieder die Prinzipien der SPD, breite Schultern tragen mehr Last, Solidarität ist ein Stück Lebensqualität. Deshalb wünsche sie sich, dass die SPD mit Martin Schulz als Europa-Kenner das Rennen um die Kanzlerschaft gewinnt. „Er würde Deutschland und Europa gut tun wie derzeit kein anderer Politiker“, zeigte sich Noichl unter Beifall der Zuhörer überzeugt.
Text und Fotos: Richard Sänger