Ein volles (Vereins-) Haus wartete am 20. Februar auf den neuen Mitarbeiter im Heimatministerium. Nach einigen Minuten Verspätung - Herr Nützel hat sein neues Büro nicht gleich gefunden - begann der neue Mann seine zweite Karriere als Top-Mitarbeiter von Markus Söder.
Nützel ist wieder da – „bäggindaun“, zurück in die Stadt. Zehn Jahre war er als Reiseleiter für ein fränkisches Busunternehmen in ganz Europa unterwegs. Jetzt machte er Station in Herzogenaurach. Das Kulturforum der SPD nutzte die Gelegenheit und engagierte Harald Nützel - eigentlich Bernd Regenauer – und damit einen der bekanntesten fränkischen Kabarettisten für einen Auftritt ins ausverkaufte Vereinhaus. Hier gewährte Nützel einen Einblick in sein neues Büro und seine Tätigkeit im Heimatministerium in Nürnberg. Frustriert von den Besserwissern, Rechthabern und „menschlichen Verwerfungen“ in so einer Reisegruppe, wollte er eigentlich in die Tourismuszentrale in Ebermannstadt zurück. Aber dann kam der Anruf, der Ruf, die Berufung: Söder höchstpersönlich wollte ihn als „Konifere“ für Image und Struktur ins Ministerium holen.
Kein anderer Franke ist imstande, die Seelenlage der fränkischen Bürgermeister und Landräte so genau auszuloten und ihre Probleme zu erkennen wie ausgerechnet Nützel. Sein Büro ist noch etwas dürftig, um ehrlich zu sein, ist es ein Lagerraum, in den ab und zu eine Ladung Klopapier abgeliefert wird. Auch die Umzugskartons stapeln sich noch, aber der PC funktioniert sowie das Telefon, sein Ohr zur fränkischen Befindlichkeit. Klar ist die Ansage seines Chefs: „In den ländlichen Raum wird investiert bis die Gülle spritzt“. Jeder Reiterhof bekommt ein Hü- und Hotspot, Flüsterasphalt allenthalben, damit die Kühe nicht erschrecken und natürlich Breitband in jedem Kuhstall. Da passiert es zwar schon einmal, dass der Bürgermeister von Tiefenried dieses Breitband bei der feierlichen Einweihung mit einer großen Schere durchschneidet, aber das sind die bekannten Flurschäden.
Was seinen Chef betrifft, so ist sich Nützel sicher, dass er der Einzige im Ministerium ist, der den Söder noch leiden kann, obwohl sein Duzangebot von ihm schnöde zurückgewiesen wurde. Dabei hatte er Söder nur versichert: „Markus tapferer Recke, ich möchte der Karabinerhaken bei deinen Seilschaften sein“. Kam nicht so gut an. Trotzdem hat Nützel durchaus Verständnis dafür, dass Söder den „Silberrücken“ in ein paar Jahren beerben will. Obwohl, der Franke Nützel hat zur CSU eher ein distanziertes Verhältnis, ist sie doch die einzige Partei, die den rechten Rand als ihre Mitte definiert Söder bereitet sich indessen unverdrossen auf die Nachfolge Seehofers vor. Schon jetzt ist er auf allen Empfängen präsent, nur um auf ein Foto zu kommen. Nützel weiß aus sicherer Quelle, dass es demnächst bei dem Bildbearbeitungsprogramm eine eigene Söder-plus-Taste geben wird. Dann taucht sein Chef nicht nur beim Kaffeeklatsch bei Oma auf, sondern grinst auch beim Ultraschallbild des Fötus in die Kamera.
Um ehrlich zu sein, erfolgreich ist Nützels Imagekampagne für Franken nicht gerade. Ein Job, den er perfekt und souverän in den Sand setzt, plädiert er doch ohnehin dafür die rückständigen Regionen in Reservate zu verwandeln. So sinniert er lieber über den Franken im Allgemeinen und speziellen nach, sein ach so schlechtes Image. Da wird doch tatsächlich behauptet, ein lächelnder Franke habe eine Gesichtslähmung. Das typische Frankengesicht sei reingemeißelter Missmut. Aber wirft er trotzig ein: „Wir Franken sind authentisch und negativ. Wir sind keine gelackten Schnösel, wir haben eine kürzere Lebenserwartung als die Bayern, aber wir erwarten auch nichts vom Leben“.
1997 hat Regenauer die Kunst- und Kultfigur Nützel kreiert. In seinem vierten Programm als Nützel trifft man auf einen abgeklärten Franken, der offen für Neues ist, aber sich nicht verbiegen lässt. Er bekennt sich zu seinen Eigenarten, seiner Gefühlswelt, seiner fränkischen Seele. Das Publikum feierte seinen Nützel enthusiastisch und war alles andere als missmutig, sondern von permanentem Lachen geschüttelt.
Margot Jansen